
Transpazifisches Freihandelsabkommen soll Unternehmen vor Gesetzgebung „schützen“. Tabak keine Ausnahme.
Die Verhandlungen über das Trans-Pacific Partnership Agreement (TPPA)1 haben gerade ihre 20. Runde hinter sich gebracht. Die Vertreter_innen von mittlerweile 12 Staaten2 trafen sich vom 22. bis 24. September 2013 in Washington DC.
Mehr Macht für Konzerne
Im Rahmen des Freihandelsabkommens wird es aller Voraussicht nach zu Investitionsschutzbestimmungen kommen. So erhalten Unternehmen die Möglichkeit, Staaten für ihre Gesetzgebung vor internationalen Schiedsgerichten zu verklagen, wenn sie sich von ‘direkter oder indirekter Enteignung’ bedroht fühlen. Besonders gesundheitspolitische Maßnahmen3 werden in jüngerer Zeit häufig vor solchen Gerichten verhandelt. Selbst solche Richtlinien, die in dem Land, in dem ein Unternehmen sitzt, bereits selbstverständlich sind, können in anderen Ländern angefochten werden.
Der Umfang solcher Klagen sollte nicht unterschätzt werden: Die Beilegung von Streitigkeiten in multilateralen Freihandelsabkommen kostete bereits mehrere hundert Millionen US-Dollar. Derzeit noch ausstehende Klagen drehen sich um ein Vielfaches, ebenso die Summe aus Streitigkeiten in bilateralen Investitionsschutzabkommen. Und wenn Unternehmen Prozesse gewinnen, muss die Bevölkerung für die Kosten aufkommen.
Tabakkonzerne führen zur Zeit Verfahren gegen Australien, Uruguay und Namibia, nachdem Warnhinweise oder einheitliche Verpackungen eingeführt bzw. das Rauchen an öffentlichen Plätzen, Werbung und Sponsoring durch Tabakunternehmen oder Sonderbezeichnungen4 verboten wurden. Neuseeland, Kanada und Großbritannien haben aufgrund drohender Klagen Gesundheitsreformen im Bereich der Tabakkontrolle fallen gelassen, Norwegen und Togo sehen sich bedroht.
Tabak – ein Gut wie jedes andere?
Besonders problematisch ist, dass selbst Tabak, das einzige legale Konsumgut, dass bei beabsichtigter Nutzung tödlich ist, auf diese Weise der Gesetzgebung entzogen werden könnte.
Damit würde das TPPA mit dem internationalen Vertrag in Konflikt geraten, der die Einzigartigkeit von Tabak so deutlich macht. In der Rahmenkonvention zur Tabakkontrolle5 verpflichten sich die Unterzeichnerstaaten, Maßnahmen zur Reduktion des Tabakkonsums einzuführen.
In diesem Zusammenhang hatte der US-Repräsentant zugesichert, einen entsprechenden Entwurf für die Behandlung von Tabak im TPPA vorzulegen, wozu auch Malaysias Vertreter_innen aufgerufen hatten. Die tatsächliche Vorlage6 zeigt eine Kehrtwende.
Die Tabakindustrie wäre damit in der Lage, staatliche Gesetzgebung zum Gesundheitsschutz zu kippen. Das bedeutet, dass Regierungen den Vereinbarungen der FCTC nicht mehr werden nachkommen können. So richten sich bereits jetzt die Klagen von Unternehmen zum Teil gegen solche Maßnahmen, die das Rahmenabkommen explizit vorsieht.
Mehr Rechte für Konzerne
Dies ist freilich nicht das einzige Problem am TPPA. Außer zu Freihandel und Investitionsschutz wird das Abkommen aller Voraussicht nach auch neue Bestimmungen zum Patentrecht7 festlegen, wirksam u.a. für Software, Druckerzeugnisse und Medikamente. Dies würde starke Volkswirtschaften weiter stärken und schwächere ihrer Entwicklungschancen berauben. Zudem sollen Kapitalkontrollen verboten werden.
Diese Einschränkungen, und besonders die gesundheitspolitischer Natur, haben Chiles Verhandlungsführer Rodrigo Contreras zum Rückzug aus den Verhandlungen und zu Warnungen an andere lateinamerikanische Staaten veranlasst.8
Der Protest gegen das TPPA ist vielfältig. In den meisten beteiligten Ländern gab es bereits friedliche Proteste sowie direkte Aktionen gegen die Verhandlungen. Große Petitionen sind im Umlauf. Die Kritiker umfassen ein breites Spektrum politischer sowie zivilgesellschaftlicher Akteure.
Politik und Wirtschaft unter sich
Der Protest richtet sich nicht nur gegen die Inhalte der Verhandlungen, sondern ebenfalls gegen das intransparente, exklusive Verfahren. Neben den Verhandlungsführer_innen haben nur 600 US-Handelsberater_innen, ohne politisches Mandat, Einsicht in die Vertragsentwürfe9. Inputs von zivilgesellschaftlichen Gruppen sind offenbar nicht – oder nur sehr selektiv – gewünscht.
Vom TPPA ist also nichts Gutes zu erwarten. Die Verunmöglichung fortschrittlicher Gesetzgebung in vielen Bereichen wird mit der geringeren Verfügbarkeit von Wissen und Medizin einhergehen.
Kein TPPA in dieser Form!
Tabak darf nicht als Produkt wie jedes andere behandelt werden. Nicht umsonst gibt es die Rahmenkonvention zur Tabakkontrolle!
Patentrechte dürfen nicht zu steigenden Kosten für Informationen und Medikamente führen und so nur den Profiten einiger weniger Unternehmen dienen.
Die wirtschaftlich schwächeren Staaten dürfen bei diesem Abkommen nicht systematisch benachteiligt werden.