
Während der Woche der Alternativen informierten unsere Gäste aus Bangladesch, Brasilien und Kenia auf mehreren Veranstaltungen über Alternativen.
Ihnen allen ist eines gemeinsam: sie engagieren sich für einen Ausstieg aus dem Tabakanbau. Ihre Ansätze sind so unterschiedlich wie die Bedingungen in ihren Ländern: Farida Akhter hat ihre Wurzeln in Basisbewegungen in Bangladesch. Jacob Kibwage forscht und arbeitet an einer Universität in Kenia. Adriana Gregolin leitet ein Diversifizierungsprogramm im brasilianischen Ministerium für landwirtschaftliche Entwicklung.
Tabak bringt kein Geld – er ist nicht einmal nützlich!
Bei jedem Gespräch mit Farida Akhter von UBINIG war eine große Klarheit zu spüren. Klarheit darüber, dass Tabakanbau nicht lukrativ ist, sondern zu Armut führt. Klarheit darüber, dass Tabak noch nicht einmal als Nutzpflanze gelten kann. Tabak ist nicht essbar, ist giftig in Produktion wie Konsum – wozu soll der Anbau von Tabak dann gut sein? Und Klarheit darüber, dass der Anbau von Nahrungsmittelpflanzen den Tabak auf lange Sicht wieder zurück drängen wird.
Farida Akhter zeigte uns eindrücklich, welchen Schaden der Tabakanbau in Bangladesch anrichtet und wie er die Ernährungssicherheit von kleinbäuerlichen Betrieben gefährdet. Sie stellte uns aber auch Tabakpflanzer_innen vor, die sich dazu entschlossen haben, aus dem Tabak auszusteigen. Mit Unterstützung von UBINIG vollziehen sie nun den Wechsel zurück zu einer ökologischen Landwirtschaft, wie sie Nayakrishi Andolon in Banlgadesch schon seit vielen Jahren praktiziert: an Biodiversität orientiert, ohne Verwendung von Chemikalien, mit Bewässerung ohne Antasten des Grundwassers und auf Ernährungssouveränität abzielend.
Bambus als Alternative in Deutschland?
In Kenia untersucht das Universitätsprojekt „Bambus statt Tabak“ die Möglichkeiten, den Tabakanbau durch Bambus zu ersetzen. Jacob Kibwage stellte uns zunächst die Umweltfolgen des Tabakanbaus in der Region South Nyanza vor. Die Böden werden ausgelaugt, das (Grund-)Wasser wird durch Pestizide vergiftet, der natürliche Wald wird abgeholzt, die Böden werden so der Erosion ausgesetzt. Es kommt sogar zur Wüstenbildung in diesen Gebieten.
Im zweiten Schritt zeigte uns Jacob Kibwage, wie der Umstieg von Tabak zu Bambus gehen kann. Bambus gedeiht hervorragend auf denselben Böden wie Tabak. Nach 3 bis 4 Jahren kann zum ersten Mal geerntet werden und die Erntemengen übersteigen bei weitem die Erträge von Tabak. Mit relativ geringem Arbeitsaufwand kann Bambus für 80-120 Jahre geerntet werden. Und im Gegensatz zu Tabak kann Bambus auf Gemeindeebene zu sehr unterschiedlichen Produkten verarbeitet werden.
Sogar in Deutschland, z.B. in der Region rund um Heidelberg, könnte Bambus als Alternative zum Tabak angebaut werden und vielleicht in der Herstellung von Fahrrädern oder Möbeln Verwendung finden.
Von Brasilien lernen heißt die FCTC umsetzen.
Seit 2005 führt der brasilianische Staat das Nationale Programm zur Diversifizierung in Tabakanbaugebieten durch. Adriana Gregolin gab uns einen guten Einblick in die landwirtschaftliche Bedeutung des Tabakanbaus und in die Bedingungen des integrierten Produktionssystems. Darin erhalten die Tabakbauern und -bäuerinnen anscheinend relativ gute Unterstützung seitens der (Roh-)Tabakkonzerne, mit denen sie Verträge haben. Der Preis dafür ist allerdings die völlige Abhängigkeit von den Konzernen, die mit einer Schuldknechtschaft zu vergleichen ist und Kinderarbeit überlebensnotwendig macht.
Adriana Gregolin stellte uns die Struktur des Programms vor, das auf die Unterstützung von kleinbäuerlichen Betrieben fokussiert ist. Hier geht es nicht um die Empfehlung einer einzigen Ersatzpflanze, sondern um die Eröffnung von ganz unterschiedlichen Möglichkeiten wie dem ökologischen Landbau oder der Imkerei, der Produktion von Wein und Traubensaft oder der Fischzucht.
Aber auch auf dem Feld der konsumorientierten Maßnahmen, die sich aus der Ratifizierung der Rahmenkonvention zur Tabakkontrolle ergeben, ist Brasilien ein Vorreiter. Unter der Führung des Gesundheitsministeriums gibt es eine Kommission, in der Vertreter_innen aus 18 unterschiedlichen Regierungsbereichen über die Umsetzung des Regelwerks wachen. Ein Besuch deutscher Politiker_innen in Brasilien könnte für die Umsetzung hierzulande sehr hilfreich sein.
Tagungsdokumentation
Die Vorträge unserer weitgereisten Referent_innen wurden durch zwei weitere Themen ergänzt:
Laura Graen (Unfairtobacco.org) legte am Beispiel Malawi dar, in welcher Weise kurzfristige Verbesserungen für Tabakpflanzer_innen sinnvoll wären und welche Unterstützung aus den Industrieländern möglich wäre.
Gary Fooks von der Universität Bath (Großbritannien) zeigte in einem spannenden Vortrag, in welcher Weise die Tabakindustrie CSR1-Kampagnen dazu nutzt, auf Gesundheitspolitik Einfluss zu nehmen.
Alle verfügbaren Präsentationen der Tagung können Sie ab Freitag im Bereich Alternativen-Tagung finden.