Tabakbauern als Sprachrohr der Industrie?

Tabakbauernvereinigung will bei Tabakkontrolle mitsprechen. Doch wen repräsentiert die ITGA?


Sie beklagen die schlechten Preise für Rohtabak, die geringer als ihre Produktionskosten sind. Sie beklagen den von der Industrie zurückgewiesenen Tabak, dessen Wert für sie verloren ist. Sie sind Tabakpflanzer_innen und über ihre Sorgen berichten wir seit Jahren.

Im September 2016 sprachen Tabakbäuerinnen und -bauern in Neu Delhi auf der Jahreshauptversammlung der International Tobacco Growers‘ Association (ITGA). Ihre Probleme sind real und könnten von der Tabakindustrie durch höhere Preise und weniger Kartellbildung behoben werden. Stattdessen aber nutzt die Tabakindustrie die Bauernvereinigung ITGA für ihre Zwecke.

Bei der WHO mitreden

Im November wird im indischen Noida in Uttar Pradesh die siebte Vertragsparteienkonferenz der WHO-Tabakrahmenkonvention (FCTC) stattfinden. Im Vorfeld hat die ITGA eine globale Medienkampagne lanciert und fordert den Zugang zu den Verhandlungen.

Die ITGA behauptet, dass den Pflanzer_innen durch die Maßnahmen zur Tabakkontrolle die Lebensgrundlage entzogen würde, dass es keine wirtschaftlichen Alternativen zum Tabak gäbe und dass keine Landwirtschaftsexpert_innen bei der Konferenz zugegen seien. Deshalb müsse die ITGA in Noida gehört werden.

Die Argumente sind widerlegbar: Tabakbäuerinnen und -bauern sind Landwirt_innen, die auch andere Pflanzen anbauen können. Es gibt Alternativen zum Tabakanbau in vielen Ländern, sobald es politische wie finanzielle Unterstützung für die Pflanzer_innen gibt. An der Konferenz nehmen auch Vertreter_innen der Landwirtschaftsministerien aus Tabakanbauländern teil.1

Durch die ITGA versucht die Tabakindustrie, Zutritt zu den Verhandlungen zu bekommen, von denen Sie sonst ausgeschlossen ist.2

Wer also ist die ITGA?

Die International Tobacco Growers‘ Association (ITGA) wurde im Jahr 1984 als weltweiter Zusammenschluss von Tabakbauernverbänden gegründet.

Mitglieder sind Tabakbauernverbände aus großen Anbauländern wie Brasilien, Argentinien und Simbabwe.3 Das malawische Mitglied Tobacco Growers‘ Association of Malawi (TAMA) ist beispielsweise von Großgrundbesitzer_innen kontrolliert und vertritt nicht die Interessen von kleinbäuerlichen Betrieben, Pächter_innen oder Plantagenarbeiter_innen.

Wenige Jahre nach der Gründung der ITGA übernahm die Tabakindustrie den Verband4 und wandelte die ITGA in eine Frontorganisation im Kampf gegen Tabakkontrollmaßnahmen um. Seither wird die Organisation von der Industrie finanziert, macht Lobbyarbeit bei der FAO5 und versucht, die Diskussion um Kinderarbeit oder Umweltzerstörung im Tabakanbau unter Kontrolle zu bringen.

Mehr Informationen:

INFOTAB (1988): International Tobacco Growers‘ Association.6

INFOTAB (1991): File ITGA.6

Campaign for Tobacco-Free Kids (2011): Tobacco Industry Front Group: The International Tobacco Growers’ Association.

FCA et. al (2014): International Tobacco Growers‘ Association – Frequently asked questions.

Bild: Männer bündeln Tabakblätter für die Trocknung in Malawi.
Quelle: IFPRI via flickr.com, CC BY-NC-ND 2.0

 


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